Die Qualität deiner Fragen bestimmt die Qualität der Antworten. Das bewahrheitet sich in den unterschiedlichsten Kontexten. Auch für Lebens- und Sozialberater*innen und Coaches kann das ein wichtiger Leitsatz sein. Bei der Steigerung der Qualität der eigenen Fragen und Interventionen können Manfred Priors MiniMax Interventionen praktisch sein.
Kennst du das, wenn dir jemand genau die richtige Frage im richtigen Moment stellt und dir so plötzlich eine ganz neue Sichtweise auf die Dinge eröffnet? Wenn es nur wenige Worte braucht, um einen Lösungspfad zu erkennen, wo vorher alles ausweglos erschien? Die Kraft gezielter Fragestellungen ist im Coaching keine Unbekannte – und das Gute liegt dabei so nahe.
In seinem Buch “MiniMax Interventionen – 15 minimale Interventionen mit maximaler Wirkung” zeigt Erfolgsautor Manfred Prior auf, wie mit einfachen Interventionen große Veränderungsprozesse angeregt werden können. Wir möchten euch einen Einblick in das Must-Read-Buch geben und einzelne Interventionen vorstellen, die ihr mit euren Klient*innen direkt anwenden könnt.
“Weniger ist manchmal mehr. Wirfst du einen Stein ins Wasser,
zieht er schöne Kreise. Wirfst du viele, hast du nur
ein unruhiges Durcheinander”– Christel Rische
Was sind MiniMax Interventionen?
Max Priors MiniMax Interventionen zielen drauf ab, durch ihren Einsatz Coachingprozesse wirksam zu unterstützen – und das, obwohl sie so unscheinbar wirken. Das Motto dabei: Sprachkürze schafft Denkweite. Die Interventionen kommen häufig mit nur einem Wort aus und können von Psychotherapeut*innen, Berater*innen, Supervisoren, Coaches und Organisationsentwickler*innen der unterschiedlichsten Schulrichtungen angewandt werden.
Die Interventionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie unkompliziert in der Anwendung sind, weil sie einerseits klare Anknüpfungspunkte haben. Das bedeutet, als Coach oder Psychosoziale*r Berater*in erkennst du einfach im Gespräch mit deinem Gegenüber, wann welche Intervention sinnvoll ist. Andererseits sind die Interventionen so “minimal”, dass sie von Klient*innen häufig nicht als solche wahrgenommen werden. Sie stoßen aus diesem Grund im Regelfall auf wenig Widerstand.
Welche Interventionen kann ich verwenden?
In seinem Buch beschreibt Manfred Prior insgesamt 15 wirksame und leicht verständliche Interventionen. Für alle Neugierigen gibt es hier einen Vorgeschmack auf fünf dieser Ausführungen:
1. “In der Vergangenheit…”
Besonders im Pacing (NLP) und beim Paraphrasieren einer problematischen Situation des Klienten, kann die Beifügung “In der Vergangenheit…” dazu führen, dass der Blick dafür geschärft wird, dass das zwar bisher so war, in Zukunft jedoch nicht so bleiben muss.
2. “Sondern…?”
Häufig fällt es uns Menschen leichter, zu formulieren, was uns gerade nicht gelingt, was uns nicht gefällt und was wir nicht wollen. Das Zielbild hingegen bleibt oft wage. Als Coach kannst du mit dem Wörtchen “sondern” dein Gegenüber dazu anregen, nicht nur die Negation zu formulieren, sondern auch die gewünschte Zielvorstellung. Disclaimer: manchmal wird es wohl den mehrmaligen Einsatz von “sondern” brauchen, um tatsächlich zu einer positiven Formulierung zu kommen 😉
3. Konstruktive W-Fragen
Wenn wir Fragen stellen, kommen uns häufig sogenannte geschlossene Fragen unter. Solche Fragen sind oft ganz einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Das führt zu knappen Antworten und kann leicht in Extreme abdriften. Beispiel: “Können Sie etwas dagegen tun, dass Sie sich schuldig fühlen?” – “Nein.”
Das fühlt sich für den Klienten gefährlich nach einer Sackgasse an. Um dem entgegenzuwirken, solltest du offene Fragen formulieren. Da helfen W-Worte:
- Was…
- Welche…
- Wie…
- Warum…
- InWiefern…
- Wer…
- Womit…
Konstruktive W-Fragen sind also solche, die dem Klienten dazu dienen, Lösungen oder Probleme in eigenen Worten zu formulieren. Bereits vermeintliche Kleinigkeiten, wie die Frage “Was könnte denn ein erster Schritt sein?”, können viel vorantreiben.
4. “Angenommen, Sie würden…”
Bei dieser Intervention geht es darum, dem Klienten mögliche Szenarien aufzuzeigen. “Angenommen Sie würden das tun, wäre die Folge davon dann eher X oder Y? Oder gar Z”? So bekommt dein Gegenüber Impulse dazu, was möglich wäre. Diese Intervention trägt dann Früchte, wenn die Vorschläge deinen Klienten in eine Richtung stupsen, die er selbst für erstrebenswert hält. Welche Option er wählt und inwiefern er diese weiter abwandelt, liegt bei ihm.
5. Nicht-Vorschläge
Denk jetzt nicht an einen rosa Elefanten. Sei ehrlich, du hast es getan, oder? 😉 Genau auf diesem Prinzip beruhen die Nicht-Vorschläge, die Manfred Prior in Kapitel 12 erwähnt. Therapeutische Vorschläge werden dabei in Negationen verpackt und so sehr implizit präsentiert. Sätze können also beginnen mit
- Es ist nicht nötig, dass …
- Sie brauche sich jetzt noch nicht zu erlauben, …
- Es muss noch nicht so sein, dass …
- Sie brauchen jetzt noch nicht zulassen, dass …
Dein Gesprächspartner wird dann automatisch daran denken, wie es wäre, wenn er das Gesagte eben doch tun würde. Entscheidet sich dein Klient dazu, den Vorschlag auszuführen, stellt sich das Gefühl ein, die Entscheidung völlig freiwillig getroffen zu haben. Nicht-Vorschläge lassen Klient*innen somit die größtmögliche Freiheit, einen Vorschlag abzulehnen oder eben anzunehmen.
Wo diese Interventionen herkommen, gibt es noch viele weitere – gespickt mit Beispielen aus der Praxis, möglichen Stolpersteinen und klugen Erweiterungen. Hier kannst du den knapp 100-seitigen Band bestellen.
Wie funktionieren Interventionen im Coaching?
Im systemischen Coaching finden die unterschiedlichsten Interventionen und Methoden ihre Anwendung. Dabei werden stets das Umfeld, die zur Verfügung stehenden Ressourcen und die Erfahrungswerte des Klienten miteinbezogen, denn im Gegensatz zur klassischen Beratung steht die Selbstwirksamkeit des Klienten im Fokus. Je nach Situation werden dann durch den Coach die dafür entsprechenden Werkzeuge ausgewählt. Wie Coaching funktioniert und wofür es angewandt wird, kannst du in unseren Artikeln “Was ist systemisches Coaching?” oder “Wohin des Weges? Coaching in Umbruchsituationen” nachlesen.
Du möchtest mehr über die vielfältigen Tools des Coachings erfahren? Dann ist unsere Ausbildung zum Dipl. Systemischen Coach genau das Richtig für dich! Bei Fragen sind wir jederzeit für dich erreichbar – hier kannst du unser Seminarteam ganz einfach kontaktieren.